#7 Fake News: eine Herausforderung für die junge Generation und die politische Meinungsbildung?
Frédéric Charillon
Fake News oder Falschmeldungen sind darauf ausgelegt, die Empfänger:innen zu manipulieren. Ein neues Phänomen ist die massenhafte Verbreitung über soziale Medien, aus denen vor allem die jüngere Generation ihre Informationen bezieht. Junge Menschen, die sich hauptsächlich dort informieren, laufen Gefahr, auf diese Falschmeldungen hereinzufallen.
Fake News, die über soziale Medien verbreitet werden, verändern das Verhältnis der Menschen zu Informationen und beeinflussen so das politische Geschehen.
Warum sprechen Fake News die Menschen so stark an? Welche Gefahr stellen sie für die Demokratie dar? Wie kann man ihrem negativen Einfluss auf das politische Verhalten junger Menschen entgegenwirken?
Auf einen Blick
Die neue Informationslandschaft begünstigt die Verbreitung von Fake News
Seit jeher spielen Falschinformationen in der Politik eine große Rolle. Neu ist ihre massenhafte Verbreitung über soziale Medien, aus denen besonders die jüngere Generation ihre Informationen bezieht. Soziale Medien eignen sich bestens für die Verbreitung von Inhalten, die unwissentlich falsch oder bewusst manipuliert sind und der gezielten Destabilisierung dienen.
Gesellschaftliche Trends begünstigen Falschinformationen
Wie können die Produzenten von Fake News so erfolgreich sein? Neben den digitalen Technologien sind es soziologische Trends, die die Verbreitung solcher Nachrichten befördern: Intoleranz, Narzissmus, Identifizierung mit Prominenten und die Suche nach „alternativen“ Wahrheiten, die einem Misstrauen gegenüber den institutionellen Diskursen entspringt und vor allem bei jungen Menschen mit einem niedrigen Bildungsabschluss zu beobachten ist.
Autoritäre Regime nutzen Fake News systematisch
In autoritär regierten Ländern produzieren staatliche Verwaltungen verfälschende Reden, um das jeweilige Regime positiv darzustellen, rivalisierende Demokratien zu destabilisieren und Informationen, die für das autoritäre Regime heikel sind, unter einer Flut von frei erfundenen Meldungen zu begraben. Abseits der offiziellen Kanäle streuen autoritäre Regime, vor allem das aktuelle Russland, Falschinformationen über „Trollfabriken“. Ein Publikum, dass sich von Verschwörungstheorien, Sensationsmeldungen und Hassbotschaften angezogen fühlt, verbreitet diese Materialien in großem Stil weiter.
Fake News bedrohen Wahlen und Demokratie in Europa
Durch Manipulationen und irrationale Überzeugungen und Verfälschungen wird der Grundpfeiler der Demokratie - das Prinzip der rationalen, frei entscheidenden und souveränen Wählerschaft - , mit Füßen getreten. Russland hatte bereits angekündigt, dass es sich in die Europawahlen 2024 einmischen würde. Berlin und Paris warnen gemeinsam vor russischer Desinformation durch das Putin-Regime. Deren Ziel ist es, die Meinungsverschiedenheiten und Brüche in der Gesellschaft zu verschärfen. Gleichzeitig sind deutlich pro-russische Stellungnahmen von kremlfreundlichen Parteien zu beobachten, die sich für die Europawahlen in Position bringen.
Westliche Staaten und Gesellschaften müssen sich gegen Manipulationen wehren
Gegen die Macht der Fake News sollten Demokratien vier Maßnahmen ergreifen: Erstens sollten sie Gesetze erlassen, um die Verbreitung von nachgewiesenen Fake News zu stoppen und zu bestrafen. Zweitens müssen die Regierungen die Tech-Giganten und die Betreiber der sozialen Netzwerke noch stärker in die Verantwortung nehmen. Drittens ist es notwendig, in der Demokratie eine Berichterstattung zu entwickeln, die einem jüngeren Publikum zugänglich ist, um zu verhindern, dass diese Jugend Verschwörungstheorien und Destabilisierungen von außen überlassen wird. Viertens müssen sich die westlichen Demokratien den strukturellen Problemen ihrer Bildungssysteme stellen.
Frédéric Charillon ist Universitätsprofessor für Politikwissenschaft an der Université Paris Cité und Senior Adviser für Verteidigungs- und Diplomatiefragen an der ESSEC Business School. Er gründete und leitete das Institut de Recherches Stratégiques de l’Ecole militaire und veröffentlichte zuletzt Guerres d’influence (Odile Jacob, 2022) sowie La France dans le monde (CNRS, 2021).