von Emma Derancy

„Zwei von drei jungen Menschen glauben, dass die Gesellschaft es ihnen nicht ermöglicht, zu zeigen, was sie können“

So lautet das Fazit der ARTE-Umfrage „Es wird Zeit!“ und ist auch ein Echo dessen, was ich bei meinen Streifzügen auf der offiziellen Website der französischen Freiwilligenagentur (Agence du Service Civique) im Jahr 2017 festgehalten hatte.

Damals hatte ich einen Master für die Regie von Dokumentarfilmen abgebrochen.

Der Grund: ein Mangel an Sinn und ein Mangel an Betreuung. Kurz gesagt: ein Mangel an Motivation. Nach einigen Momenten der Selbstreflexion und des Herumredens beschloss ich, mich über den Service Civique zu informieren. Ich durchforstete die Internetseite, klickte mich von Seite zu Seite und stellt mir selbst Fragen nach meinen Beweggründen und Wünschen. Und dann stoße ich mit nur einem Mausklick auf ein Angebot, und da fiel bei mir der Groschen. Auf Französisch sagt man dazu déclic. In Anlehnung daran wurde die an Veranstaltung „FabriK à DécliK“ des Vereins Osons Ici et Maintenant benannt.

Ich habe mich nie für eine sehr politische Person gehalten. Dennoch habe ich 2017 einen Freiwilligendienst bei der Organisation Osons Ici et Maintenant absolviert, parallel zu meinem persönlichen Engagement in mehreren kulturellen Vereinen wie z. B. Kino Session. Ich spreche hier über die Formen von Engagement, die sich bei ein und derselben Person in mehreren Facetten wiederfinden kann, sei es persönlich oder beruflich. Mehrere Formen für den gleichen Begriff, aber dennoch mit einer Gemeinsamkeit: der Jugend. Denn laut Patricia Loncle gibt es immer weniger junge Menschen, die sich politisch engagieren und sich in Gewerkschaften und politischen Parteien organisieren.

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Und doch glaube ich, dass bürgerschaftliches Engagement unter jungen Menschen nicht nachlässt, sondern sich einfach nur stark verändert hat. Die Einsätze im Rahmen des Freiwilligendienstes haben sich in Frankreich seit 2014 vervierfacht, und auch die Formen des Engagements junger Menschen sind heute anders. Die ARTE-Umfrage aus dem Jahr 2020 belegt, dass die junge Generation sich zu Wort melden und sich Gehör verschaffen will. Das betrifft vor allem gesellschaftliche Veränderungen auf globaler Ebene. Individuelle Verhaltensweisen, der Klimawandel oder auch das Gesundheitswesen sind Themen, die junge Menschen mehr und mehr beschäftigen und die Zukunft unseres Planeten in Frage stellen – und zwar unabhängig von Land und Kultur. Der Deutsch-Französische Freiwilligendienst des DFJW ist Teil des französischen Freiwilligendienstprogramms. Dabei kann man sich in verschiedenen Bereichen engagieren, egal ob in Schulen, Kultureinrichtungen oder Sportvereinen. Viele junge Menschen wie Myriam sehen in diesem Dienst eine bereichernde Erfahrung für die eigene Persönlichkeit und den Beruf.

In diesem Sinne spricht man heute eher von non-formalem Engagement. Die jungen Menschen von heute wollen sich an Aktionen beteiligen, die sie regional und lokal betreffen. Sie engagieren sich lieber für eine bestimmte Sache wie z. B. Umwelt- und Klimaschutz, führen Aktionen vor Ort durch und handeln damit als aktive Staatsbürger:innen. Ich denke hier hier vor allem an die globale Bewegung Fridays for Future, die 2018 von der jungen Umweltaktivistin Greta Thunberg initiiert wurde und insbesondere in Deutschland eine große Reichweite hat. 20.000 Menschen gingen 2019 allein in Berlin auf die Straße, in der Hoffnung, dass ihr Engagement Gehör in der Politik findet und endlich etwas für den Klimaschutz getan wird.

Das Engagement junger Menschen hat sich also gewandelt. Heute spricht man von konkreten Aktionen, mit denen junge Menschen ihr bürgerschaftliches Engagement im Alltag zeigen können. Die Reduzierung des eigenen ökologischen Fußabdrucks durch den Verzicht auf bestimmte Produkte oder die Einschränkung von Flugreisen sind weitere Beispiele für gemeinnütziges Handeln, dem sich immer mehr jungen Menschen anschließen. Das bürgerschaftliche Engagement junger Menschen hat neuen Formen entwickelt und steht im Alltag unter dem Zeichen der sozialen, ökologischen und politischen Transformation. Mit all diesen Formen des direkten Handelns wollen junge Menschen sich eine Stimme verschaffen, „sich dauerhaft integrieren und die Zukunft gestalten“, wie es auf der Website von Osons Ici et Maintenant heißt.

Wenn auch du an einer stabileren Zukunft mitwirken möchtest, gibt es auf der ganzen Welt zahlreiche Möglichkeiten, sich zu engagieren. Das kann in Vereinen sein oder bei Veranstaltungen. Ein Tipp: Schau dich ein wenig auf dieser Website um. Es anlässlich des 60. Geburtstags des DFJW 2023 zahlreiche Aktionen!

Vorschau Emma Derancy

Emma Derancy ist 27 Jahre alt und wohnt in Berlin. Nach einem Abschluss im Projektmanagement von (interkulturellen) Kulturprojekten arbeitete sie zunächst in der Film- und Kinobranche und dann im Kulturbereich. 2020 war sie für das Info-Café Berlin-Paris (heute Vis-à-vis) des DFJW im Rahmen des Programms „Arbeit beim Partner“ tätig.

Emma Derancy
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