Kontext
Vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 findet die UEFA EURO 2024 statt. Die Fußball-Europameisterschaft der Männer wird in Deutschland nach wie vor mit „EM“ abgekürzt, andernorts wird sie lediglich „EURO“ genannt.
Nach der FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland, der pandemiebedingt um ein Jahr verschobenen EURO 2020 und der nicht unumstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Qatar wird die EURO 2024 das erste Fußball-Mega-Event seit längerer Zeit sein, das in einem leicht zu erreichenden, weltoffenen und nicht zuletzt demokratischen Land mitten in Europa stattfindet. Entsprechend lautet auch das offizielle Motto der EURO 2024 „United by Football. Vereint im Herzen Europas“.
Die EM fügt sich in ein Jahr ein, in dem die französische Gesellschaft in besonderem Maße für die sozialen, kulturellen, ökonomischen, historischen und nicht zuletzt politischen Dimensionen des Sports sensibilisiert ist. Im Herbst 2023 wurde die Rugby-WM in Frankreich organisiert. Gleich nach der EURO stehen die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris an. Entsprechend dicht ist die mediale Berichterstattung über die gesellschaftliche Rolle des Sports und zahlreiche Veranstaltungen und Vortragsreihen nehmen sich des Themas an. Stellvertretend sei die „Fête de la Science“ im Oktober 2023 genannt, die unter dem Motto „Sport et science“ stand.
Fußball ist sowohl in Frankreich als auch in Deutschland bei weitem die beliebteste Sportart. In beiden Sprachen ist eines der geläufigsten Synonyme für ein Fußballspiel das Wort „Begegnung“. Für Turniere dieser Größenordnung ist der Begriff noch zutreffender: Es gab aus ganz Europa über 30 Millionen Anfragen für die zum Verkauf stehenden Tickets; allein Berlin rechnet mit 2,5 Millionen Besucher:innen.
Angesichts der Favoritenrolle der französischen Nationalmannschaft und der einfachen Anreise aus dem Nachbarland liegt nahe, dass zahlreiche französische Fußballfans die Gelegenheit nutzen werden, Deutschland zu besuchen. Es ist davon auszugehen, dass vielen von ihnen, unabhängig von ihrem Alter, die deutsche Fußballkultur weniger vertraut ist als die italienische, englische oder spanische. Zwar hat sich seit der WM 2006 und dem Titelgewinn 2014 das Image des deutschen Fußballs in Frankreich zweifellos verbessert, aber wirkliche Kenner sind selten. Dies gilt umso mehr, als die festliche Stimmung solcher großen internationalen Turniere in der Regel ein breiteres Publikum anspricht als der Alltag nationaler Vereinswettbewerbe.
Dieses Publikum möchte das Projekt „Guide de voyage EURO 2024“ erreichen. Angestrebt wird, dieser Zielgruppe nicht nur die deutsche Fußballkultur im Allgemeinen, sondern insbesondere landeskundliches Wissen näherzubringen, in erster Linie über eine Vorstellung der zehn deutschen Austragungsorte und ihrer lokalen Besonderheiten.
Projekt und Zielsetzung
Der „Guide de voyage EURO 2024“ ist kein Forschungsprojekt im eigentlichen Sinne. Es handelt sich um eine originelle Publikation, die zwar auf jahrzehntelanger sozialwissenschaftlicher Forschung zur gesellschaftlichen Wirkung des internationalen Fußballs aufbaut, aber jeglichen akademischen Duktus vermeidet. Es ist ein Buch, das dieses Event in Deutschland begleitet, das in jede Hosentasche passt und das durch sein Format, seinen Fokus auf Fußball und seinen Ton – Fußballfans schreiben für Fußballfans – einen echten interkulturellen Mehrwert gegenüber den Sonderheften der Fußballzeitschriften mit ihren Spielerporträts und sportlichen Analysen und den handelsüblichen Reiseführern bietet. Es kann auch als Souvenir aufbewahrt werden und einen Platz in den verschiedensten Regalen und Schubladen finden.
Das Projekt knüpft an einen erfolgreichen Präzedenzfall an. Im Frühjahr 2016 gab die DFB-Kulturstiftung anlässlich der anstehenden UEFA EURO in Frankreich einen solchen Reiseführer in deutscher Sprache für Frankreich-Besucher:innen in Auftrag. Das Heft hatte eine Auflage von 10.000 Exemplaren. Es konnte kostenlos online bei der Stiftung bestellt werden und wurde während des Turniers in Sonderzügen und auf Fanmeilen in Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) verteilt. Die Resonanz war überwältigend positiv. Auch 8 Jahre nach dem Turnier ist das Buch noch online verfügbar und garantiert eine ansprechende, attraktiv illustrierte und bereichernde Lektüre.
Vorgehensweise
Mit dem Ziel, ein Buch im Vorfeld der Europameisterschaft im Frühjahr 2024 zu veröffentlichen, war der zeitliche Ablauf vorgegeben.
Als Partnerverlag für die Herausgabe des Buches wurden die gemeinnützigen Presses Universitaires de Franche-Comté gewonnen, die auch die thematisch nahestehende akademische Zeitschrift „Football(s). Histoire, culture, économie, société“ verlegen.
Für die Portraits der 10 Austragungsorte – Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart – wurden mehrere Shortlists geeigneter Autor:innen erstellt und mit Vorgaben zu Stil und Inhalt angeschrieben. Eine Reihe weiterer Themen wurde in der Arbeitsgruppe der drei Herausgeber identifiziert, aufgeteilt und in kürzeren Kapiteln zwischen den Städteporträts eingefügt.
Vorangestellt sind ein Grußwort des DFJW sowie ein Vorwort (in Form eines Interviews) von Philipp Lahm, Geschäftsführer der DFB EURO GmbH und Turnierdirektor der UEFA EURO 2024. Abgerundet wird das Buch durch das vom DFJW entwickelten Mobidico, einem Minilexikon mit Fußball-Vokabular und einem Verweis auf das Programmangebot des DFJW im Sport.
Geplant ist eine Auflage von 10.000 Exemplaren, die kostenlos an französische Fußballfans verteilt werden.
Die Online- Ausgabe steht hier zum Herunterladen bereit!
Hintergründe
Der Fußball hat in unserer Zeit eine gesellschaftliche Bedeutung erlangt, die als unverhältnismäßig oder übertrieben empfunden werden kann. Seine Omnipräsenz im medialen Diskurs und seine Fähigkeit, Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen anzusprechen, machen ihn zu einem idealen Bindeglied zwischen den Kulturen.
Wie die interdisziplinäre Forschung der letzten Jahre gezeigt hat, eignet sich das Massenphänomen Fußball, das sich bei aller Universalität in spezifischen nationalen Sprach- und Kulturräumen entwickelt hat, auch als Vermittler von Einblicken in kulturgeschichtliche Besonderheiten und in das kollektive Gedächtnis der Populärkultur. Fußball ermöglicht den Zugang zum Anderen, er bietet niedrigschwellige Identifikationsmöglichkeiten über Sprachgrenzen hinweg, er schafft Empathie im emotionalen Erleben.
Projektpartner
Mit dem Projekt wurde ein deutsch-französisches Team aus drei Herausgebern beauftragt:
Albrecht Sonntag, Professor für Europastudien an der ESSCA École de Management in Angers, Leiter mehrerer internationaler Forschungsprojekte zum Fußball und Hauptautor und Herausgeber des in Kooperation mit der DFB-Kulturstiftung entstandenen Reiseführers 2016.
Paul Dietschy, Professor für Zeitgeschichte an der Université de Franche-Comté, international ausgewiesener Sport-Historiker, Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte des Fußballs, Gründer und Herausgeber der Zeitschrift „Football(s). Histoire, culture, économie, société“.
Stephan Klemm, Sportjournalist beim Kölner Stadt-Anzeiger, Experte für deutsch-französische Sportbeziehungen (besonders zur Tour de France), Autor der historischen Aufarbeitung „Die Nacht von Sevilla 82“, erschienen 2021 im Verlag Eriks Buchregal.